Wie verändern sich Demokratie und Gesellschaft durch die Digitalisierung? Und was bedeutet es, wenn es heißt, auch der Politikunterricht habe „für die digitale Welt zu bilden“? Diese Fragen standen im Zentrum des ersten Hessischen Politiklehrer:innentages am 22. September 2021. Im Herzen Frankfurts, in der Evangelischen Akademie Frankfurt, kamen rund 50 Politiklehrkräfte, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und Fachausbilderinnen zusammen, um praxisbezogen Antworten auf diese Fragen zu finden.
Den Auftakt der Veranstaltung machten zwei Vorträge und eine Podiumsdiskussion. Prof. Dr. Wolfgang Sander (JLU Gießen) vertrat in seinem Vortrag kritische Perspektiven auf die Digitalisierung im Kontext von Bildung. Dabei machte er u. a. darauf aufmerksam, dass die Anforderungen von Digitalisierung nicht in einer ‚Medienkompetenz‘ aufgingen. Prof. Dr. Ursula Münch (Akademie für Politische Bildung Tutzing) wies anschließend grundsätzlich auf die Bedeutung von Kommunikation für die Demokratie hin und skizzierte dabei die folgenreichen Veränderungen, die durch die Digitalisierung angestoßen wurden. In ihrem Vortrag plädierte sie dafür, sich den Gefährdungen nicht zu ergeben, sondern durch anspruchsvolle Politische Bildung zu begegnen. In der von Anka Bruns-Junker moderierten Podiumsdiskussion tauschten sich Vortragende und Lehrkräfte über Anspruch und Wirklichkeit des Politikunterrichts aus.
In drei Workshops konnten die Lehrkräfte anschließend praxisbezogen diskutieren und anwenden, was Digitalisierung konkret für den Politikunterricht bedeutet: Peter Holnick vom Institut für Medienpädagogik und Kommunikation Hessen diskutierte mit den Teilnehmenden, inwiefern Medienbildung heute Voraussetzung für Politische Bildung ist und welche Ansätze hierfür vorliegen. Beate Feyerabend vom Medienzentrum Frankfurt zeigte anhand von Materialien der Hessischen Landeszentrale für Politische Bildung eine konkrete, medienpädagogische Methode: die Produktion einer Fotostory zum Thema „Meinungsfreiheit“. Welche Rolle spielen Bildungsmaterialien und dabei das Schulbuch heute noch im Politikunterricht – und was kann das Schulbuch von heute besser als das von gestern? Diese Fragen thematisierten Dr. Tessa Debus und Elisa Schwis vom Wochenschau Verlag. Sie zeigten den Teilnehmenden anhand von aktuellem Material, wie Medienbildung mit zeitgemäßem Material aussehen kann.
Durch die pandemiebedingten Einschränkungen war die Anzahl der Teilnehmenden in Frankfurt selbst beschränkt. Neben dem Onlinestream der Vorträge wurde deshalb auch eine digitale Workshopwoche mit vier Online-Kurzworkshops vom 23. bis 30. September 2021 angeboten. Ingo Klüsserath (Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung in Krefeld) richtete den Blick der Teilnehmenden auf die Konstruktion von zeitgemäßen Lernaufgaben. Daniel Hildebrandt (Medienblau) thematisierte die Merkmale von Fake News und die besondere Relevanz ihrer Thematisierung im Politikunterricht. Thure Alting (Spiegelbild) schloss hieran an, legte den Fokus aber auf Verschwörungsmythen, die gerade während und mit Corona prominent vertreten und verbreitet wurden. In beiden Workshops standen neben Erkennungsmerkmalen auch Gegen- bzw. Handlungsstrategien und ihre Vermittlung im Mittelpunkt. Inwiefern Memes zur Förderung der politischen Medien- und Urteilskompetenz beitragen können, diskutierten in Ansätzen Philipp Klingler (Uni Marburg) und Alina Großmann (Uni Oldenburg) mit Teilnehmenden aus ganz Hessen.